Im Vorfeld der COP27 gab es viele Zweifel, ob dieser Klimagipfel erfolgreich sein könnte. Energieknappheit aufgrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine, Spannungen zwischen den beiden größten Emittenten, China und den USA und Spannungen zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden.  All dies verhieß nichts Gutes. Als wäre das alles nicht genug, haben die sieben größten privaten Ölkonzerne in den ersten neun Monaten dieses Jahres rund 150 Mrd. USD an Gewinnen gemacht – mit einem zusätzlichen Geschenk der Regierungen in Höhe von jährlich 64 Milliarden USD an öffentlichen Subventionen.

Die Dringlichkeit ist mehr als deutlich:

Kurz vor der COP27 wurde eine Reihe von Forschungsergebnissen veröffentlicht. Sie zeigen, dass die Pläne zur Eindämmung des Klimawandels intensiviert und schnell umgesetzt werden müssen:

  • Der „Emissions Gap Report“ der UN beschreibt den Zustand des Klimas als eine Krise, die dringend Maßnahmen erfordert.
  • Laut der UN bleiben die Klimapläne unzureichend: Die kombinierten Klimaversprechen der 193 Vertragsparteien des Pariser Abkommens reichen nicht aus und könnten dazu führen, dass sich die Welt bis zum Ende des Jahrhunderts um etwa 2,5 Grad Celsius erwärmt.
  • Die IEA prognostiziert, dass die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen in diesem Jahrzehnt ihren Höhepunkt erreichen wird.
  • Die EU riskiert die Klimaziele mit dem Fokus auf Energiepreise zu untergraben.
  • Wissenschaftler:innen warnen davor, dass eine globale Erwärmung von mehr als 1,5 ºC mehrere Klimakipppunkte auslösen könnte.
  • Der Klimawandel findet bereits statt und kostet bereits Billionen - die Entwicklungsländer zahlen den Preis.

Die Ergebnisse

Im Wesentlichen lagen fünf Schwerpunkte auf dem Tisch. Bei den meisten von ihnen sind die Fortschritte dürftig:

  • 1,5-Grad-Ziel: Ein wichtiges Ziel der COP27 war die im letzten Jahr in Glasgow versprochenen Emissionsziele zu verstärken, um die globale Erwärmung auf 1,5ºC zu begrenzen. In Ägypten wurden jedoch keine solche Zusage gemacht. Das bedeutet, dass wir uns von dem Pariser Ziel verabschieden können. Oder, laut Alok Sharma, dem Präsidenten der COP26: „Ich habe in Glasgow gesagt, dass der Puls von 1,5 Grad schwach war. Leider wird er immer schwächer. Und wir alle müssen in den Spiegel schauen und überlegen, ob wir in den letzten zwei Wochen diese Herausforderung wirklich angenommen haben.“
  • Verluste und Schäden: Wie erwartet, war dies eines der härtesten Debatten. Die ärmeren Länder wollten mehr Entschädigung, während die reicheren Länder das Versprechen von 2015, sie mit jährlich 100 Milliarden USD zu unterstützen, noch einhalten mussten. Die gute Nachricht ist, dass es einen Fonds für Verluste und Schäden geben wird. Die schlechte Nachricht ist, dass es noch kein Geld dafür gibt. Insgesamt müssen bis 2030 mindestens 2,5 Billionen USD für die Anpassung bereitgestellt werden.
  • Natur: Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und dem Verlust der biologischen Vielfalt. Obwohl dies im Mittelpunkt der COP15 zum Thema Biodiversität im Dezember 2022 sein wird, wäre es hilfreich, wenn die Bedeutung dieses Themas erkannt würde. Nur der brasilianische Präsident Lula da Silva versprach, alles möglich zu tun, um den Regenwald zu schützen.
  • Ausstieg aus Gas und Kohle: Es ist notwendig, dass die Weltwirtschaft in (naher) Zukunft aus Gas und Kohle ausgestiegt. Die einzige (einigermaßen) positive Nachricht hier ist die Zusage von Indien.
  • Anpassung: Die Anpassung erfolgt in Form von besserem Hochwasserschutz, Deichen, der Umsiedlung von Gemeinden in höhere Gebiete und dem Schutz von Straßen- und Bahnverbindungen vor Stürmen und Überschwemmungen. Auf der COP27 wurden einige Verbesserungen gegenüber früheren Zusagen vorgeschlagen und eine Verdopplung der Mittel für die Anpassung könnte vereinbart werden. Wissenschaftler:innen warnen jedoch erneut, dass die zugesagten Mittel immer noch weit unter den Investitionen liegen, die bald benötigt werden.

Ehrlich gesagt, hat der Gipfel trotz der niedrigen Erwartungen enttäuscht. Wie Frans Timmermans, EU-Klimachef, sagte: "Dies ist das Jahrzehnt, in dem es um alles oder nichts geht. Das was wir vor uns haben, reicht nicht aus, um die Menschen und den Planeten einen Schritt voranzubringen."

Nichts zu tun ist keine adäquate politische Maßnahme. Nichts tun bedeutet, dass wir jetzt und in Zukunft zulassen, dass mehr Menschen sterben und unter extremen Wetterereignissen leiden. Dass wir uns weigern, Solidarität mit den Ärmsten der Welt zu zeigen, und zu akzeptieren, dass die Wohlstandsungleichheit weiterhin die Ungleichheit der CO2-Bilanz verschärft.

Kann das Finanzwesen aus eigener Kraft Gutes bewirken?

Es ist nicht hilfreich, auf politische Maßnahmen zu warten. Politikerinnen und Politiker spielen ein Spiel mit der Verantwortung: zwischen dem globalen Norden und Süden, den heutigen und zukünftigen Generationen, den Besitzenden und den Besitzlosen. Aber sie vergessen bei diesem Spiel, dass man auf die Bremse treten muss, lange bevor man sich der Klippe nähert: Der Bremsweg des Klimawandels beträgt Jahrzehnte.

Wir von der Triodos Bank haben unser Versprechen AsOneToZero gegeben: Wir wollen Netto-Null-Aktivitäten finanzieren. Aber wir wollen dies tun, damit wir gemeinsam mit unseren Kund:innen so schnell wie möglich auf null Emissionen kommen. Staatliche Maßnahmen - von CO2-Steuern bis hin zu Investitionen in die Infrastruktur für erneuerbare Energien - würden diese Aufgabe für uns und unsere Kund:innen einfacher machen.

Ein globaler Wandel von einer stark von fossilen Brennstoffen abhängigen Wirtschaft hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft wird voraussichtlich Investitionen von mindestens 4-6 Billionen USD pro Jahr erfordern. Dies ist ein relativ kleiner Anteil (1,5%-2%) des gesamten verwalteten Finanzvermögens, aber signifikant (20%-28%) in Bezug auf die jährlich zusätzlich bereitzustellenden Mittel. Der Emissions Gap Report enthält sieben Empfehlungen zur Beschleunigung der Klimafinanzierung:

  • Die Finanzierung fossiler Brennstoffe beenden: Es wird sog. Stranded Assets in Höhe von 4 Billionen USD geben und damit ein systemisches Risiko.
  • Die Effizienz der Finanzmärkte erhöhen (damit Risiken in der Preise einbezogen werden)
  • CO2-Preise einführen
  • Das Finanzverhalten beeinflussen
  • Märkte schaffen (Regulierung, Finanzierung, Steuern, Subventionen)
  • Zentralbanken mobilisieren
  • Gründung von Klimaclubs und internationalen grenzüberschreitenden Finanzinitiativen

George Monbiot fasst es in der britischen Zeitung The Guardian schön zusammen:

The rich world’s governments arrived at the conference in Egypt saying ‚ "it’s now or never". They left saying "how about never?". We sail through every target and objective, red line and promised restraint towards a future in which the possibility of anyone’s existence starts to dwindle towards zero. Every life is a madly improbable gift. For how much longer will we sit and watch while our governments throw it all away?

Natürlich gibt es immer Hoffnung. Aber es ist viel mehr Mut erforderlich. Nicht nur von Politiker:innen und Entscheidungsträger:innen, sondern von allen, die eine lebenswerte Zukunft für künftige Generationen sichern wollen.