Zum diesjährigen Weltwirtschaftsforum hat die Organisation Oxfam den Bericht zu sozialer Ungleichheit veröffentlicht. Er legt offen, wie die zunehmende Konzentration von Reichtum und Konzernmacht nicht nur die soziale Ungleichheit verschärft, sondern auch die Demokratie in ihren Grundfesten bedroht. Die Zahlen und Analysen sind alarmierend und fordern entschlossene politische Maßnahmen.

Superreiche werden immer reicher: Die Kluft wächst

Im Jahr 2024 stieg das Gesamtvermögen der Milliardär:innen weltweit um beeindruckende zwei Billionen US-Dollar. Das Vermögen der Reichsten wuchs damit dreimal schneller als im Vorjahr. Pro Woche kamen fast vier neue Milliardär:innen hinzu. Währenddessen leben immer noch rund 3,6 Milliarden Menschen unter der erweiterten Armutsgrenze von 6,85 US-Dollar pro Tag.

Auch in Deutschland zeigt sich ein ähnliches Bild: Das Gesamtvermögen der deutschen Milliardär:innen stieg um 26,8 Milliarden US-Dollar, die Zahl der Milliardär:innen wuchs um neun auf insgesamt 130.

Demokratie in Gefahr: Machtkonzentration und politische Einflussnahme

Oxfam warnt: Extreme soziale Ungleichheit gefährdet die Demokratie. Die wirtschaftliche Macht von Superreichen und ihren Konzernen geht zunehmend mit politischer Macht einher. Lobbyverbände wie „Die Familienunternehmer e.V.“ oder die „Stiftung Familienunternehmen und Politik“ setzen sich erfolgreich für eine Steuerpolitik ein, von der vor allem die Reichsten profitieren. So kommt es, dass Milliardär:innen und Multimillionär:innen vielerorts einen geringeren Anteil ihres Einkommens als der Rest der Bevölkerung versteuern.

„In den letzten Monaten haben wir gehört, dass sinkende Unternehmenssteuern angeblich das Wirtschaftswachstum ankurbeln. Doch das ist reines Wunschdenken und von der Studienlage nicht gedeckt", sagt Leonie Petersen, Referentin für sozial-ökologische Transformation bei Oxfam Deutschland. „Von diesem Mythos profitieren letztlich vor allem die Eigentümer:innen von Großkonzernen."

Weitere Vorteile ergeben sich aus der Monopolisierung ganzer Branchen. Die 20 reichsten Menschen der Welt sind Eigentümer:innen oder Großaktionär:innen von Konzernen mit marktbeherrschender Stellung. Allein in den Jahren 2021 und 2022 verzeichneten die größten Firmen einen Gewinnsprung von 89 Prozent – ein beispielloser Zuwachs.

„Aktuell befindet sich die Welt auf einem Höhepunkt der weltweiten Konzernmacht. Das ist ein Problem, denn große Marktmacht gibt Unternehmen die Möglichkeit, Preise zu setzen und höhere Gewinne auf Kosten der Arbeitnehmenden einzufahren", erläutert Leonie Petersen von Oxfam. Und führt weiterhin aus:  „Großkonzerne nutzen zunehmend ihre finanziellen Mittel, um Einfluss auf die Politik auszuüben. Die Folge ist ein Teufelskreis aus Konzernmacht, politischer Macht und sozialer Ungleichheit. Die Leidtragenden sind Arbeitnehmende hier und entlang der Lieferketten sowie Verbraucher:innen."

Politik verliert Vertrauen: Nährboden für rechte Kräfte

Eine Politik, die Reiche bevorzugt und wenig gegen Armut und Ungleichheit unternimmt, untergräbt das Vertrauen in die Demokratie. Menschen aus der unteren Einkommenshälfte sind weniger politisch beteiligt, haben weniger Vertrauen ins politische System und sind deutlich weniger zufrieden mit der Demokratie, wie sie heute in Deutschland existiert. Das fördert den Zulauf zu rechten Parteien und Bewegungen.

Oxfams Forderungen: Gerechte Besteuerung und Konzernmacht begrenzen

Um die Macht der Superreichen und Konzerne einzudämmen und die Demokratie zu schützen, fordert Oxfam entschiedene politische Maßnahmen:

1. Superreiche gerecht besteuern: Milliardärssteuer einführen

Eine Vermögensteuer von zwei Prozent auf Superreiche könnte global bis zu 377 Milliarden US-Dollar einbringen. In Deutschland wären das elf bis 28 Milliarden Euro und würde nur wenige hundert bis tausende Haushalte betreffen. Diese Steuer wäre aus Oxfam-Sicht ein erster Schritt, um eine große Gerechtigkeitslücke zu schließen und das Vertrauen in die Politik wiederherzustellen.

Ein Mythos, der schon lange und oft wiederholt wird, sei, dass Überreiche bei einer höheren Besteuerung wegziehen würden. Das ist falsch, erklärt Petersen: Es gibt umfassende Regeln, um Steuerflucht zu verhindern. Eine Vermögensteuer zum Abbau der demokratiegefährdenden Vermögenskonzentration ist daher nicht nur möglich, sondern auch dringend geboten."

2. Investitionen in soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz stärken

Die zusätzlichen Einnahmen aus einer Milliardärssteuer sollten laut Oxfam für Bildung, Gesundheit und soziale Sicherung sowie für den Klimaschutz eingesetzt werden. Oxfam fordert, die Investitionslücke in öffentliche Infrastruktur zu schließen und Deutschlands internationale Verantwortung etwa bei Entwicklungszusammenarbeit und humanitärer Hilfe besser wahrzunehmen.

3. Konzernmacht abbauen und Gemeinwohlorientierte Wirtschaftsstrukturen fördern

Aus Oxfam-Perspektive sollten das Bundeskartellamt und die EU-Kommission die Markt-Konzentration in wichtigen Sektoren wie Big Tech und Lebensmitteleinzelhandel analysieren und aktiv gegen Marktmacht vorgehen. Fusionskontrolle, niedrigere Schwellenwerte für marktbeherrschende Stellungen und die Stärkung des Kartellrechts sind nötig, um Innovationen und Wettbewerb zu sichern.

Fazit: Demokratie braucht Gerechtigkeit und Kontrolle der Macht

Der Oxfam-Bericht 2025 zeigt deutlich: Die zunehmende Konzentration von Reichtum und Macht gefährdet nicht nur die soziale Gerechtigkeit, sondern auch die Stabilität unserer Demokratie. Es braucht mutige und entschlossene Schritte der Politik, um Superreiche und Konzerne in die Verantwortung zu nehmen und für mehr Ausgleich und Chancengerechtigkeit zu sorgen.