Die Global Alliance for Banking on Values (GABV) ist ein ist ein Netzwerk von führenden Banken aus der ganzen Welt, die sich für einen positiven Wandel im Bankensektor einsetzen. Die GABV wurde vor zehn Jahren gegründet und hat sich seitdem aus einem kleinen Netzwerk bestehend aus neun nachhaltigen Banken zu einer Allianz mit 55 Mitgliedern entwickelt. Das verwaltete Vermögen aller Mitglieder beträgt heute rund 160 Milliarden Dollar, etwa 60.000 Mitarbeiter*innen arbeiten für die GABV-Institute.

Vorsitzender und Mitbegründer der GABV ist Peter Blom, CEO der Triodos Bank. Anlässlich der Jahrestagung, die in diesem Jahr in Vancouver von Vancity ausgerichtet wird, schaut Peter Blom zurück auf die ersten zehn Jahre – und gibt eine Richtung vor, in die die Reise des Netzwerks in den nächsten Jahren gehen könnte und sollte.

Peter, warum hast du 2009 die GABV gegründet?

Peter Blom: Ich verbringe viel Zeit damit, bei Veranstaltungen über nachhaltiges Bankwesen zu sprechen. Während einer Veranstaltung, Mitte der 2000er Jahre in Harvard, habe ich mich während einer Diskussionspause mit CEOs anderer führender nachhaltiger Banken zum Essen getroffen. Wir sprachen darüber, wie wir gemeinsam mehr erreichen könnten, um das Finanzsystem in eine nachhaltige Richtung zu lenken.

Mary Houghton – die damalige Leiterin der Shorebank, einer bahnbrechenden Bank mit Sitz in Chicago – und ich beschlossen, mit einigen unserer engsten Freunde in der nachhaltigen Bankenbewegung in verschiedenen Teilen der Welt zu sprechen. Schon damals war mir klar, dass für die Triodos Bank mehr Kooperation ein guter Weg ist. Die Triodos Bank wird nicht so schnell zu einem großen, multinationalen Unternehmen wachsen. Stattdessen können wir durch die Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Kollegen und Organisationen unsere Wirkung gemeinsam bündeln und erhöhen.

2009 wandten uns an Kollegen wie Fazle Abed, den Gründer der BRAC in Bangladesch und Thomas Jorberg, CEO der deutschen Genossenschaftsbank GLS, um zu sehen, was sie von der Idee eines Netzwerks der nachhaltigen Banken hielten. Kurz gesagt: Sie hielten viel davon und die Idee der GABV war geboren.

Obwohl alles einige Zeit in Anspruch nahm, erkannten wir schnell, dass es ein großes Potenzial gab, die Botschaft rund um das Thema nachhaltiges Bankwesen zu vermitteln, das Bewusstsein zu schärfen und weltweit einen größeren Einfluss zu gewinnen. Aber zuerst brauchten wir einen Namen, der auf einer globalen Bühne funktioniert. Social Banking” war in den USA zu radikal und “Sustainable Banking” zu stark mit der Umwelt verbunden. Deshalb haben wir uns für die Global Alliance for “values-based banking” (GABV) entschieden. Als internationales Netzwerk hat es uns seitdem gut geholfen. Die GABV entstand also als Netzwerk für CEOs von nachhaltigen Banken – und ist inzwischen so viel mehr geworden als das.

Hat die Finanzkrise bei der Gründung der GABV eine Rolle gespielt?

Peter Blom: Nein, die Vorbereitungen begannen zwei Jahre vor Beginn der Krise. Während der Gründungsfeier, bei einer Veranstaltung in der Triodos Bank 2009 in Zeist, spielte die Krise aber eine Rolle. Viele Menschen im Publikum versuchten zu verstehen, was damals geschah und suchten nach Alternativen zu einem versagenden Bankensystem.

Wir konnten zeigen, dass eine starke Verbindung zur Realwirtschaft wirklich wichtig ist. Die “too big to fail” Banken waren den Unwägbarkeiten der Finanzwirtschaft ausgesetzt, sie waren anfällig und hatten unserer Meinung nach ihre wahre Rolle im Dienste der Gesellschaft aus den Augen verloren.

Mit Hilfe von wissenschaftlichen Publikationen (die wir bis heute kontinuierlich aktualisieren und veröffentlichen), haben wir die Vorteile des wertebasierten Bankgeschäfts hervorgehoben. Die Forschung beleuchtet die finanzielle Widerstandsfähigkeit von wertebasierten Banken, die eng mit der Realwirtschaft verbunden sind.

Was sind die bisher wichtigsten Leistungen der GABV?

Peter Blom: Ich erinnere mich, dass einer unserer Vorstandsmitglieder sagte: “Wir haben drei Jahre”. Wir würden dann wissen, ob wir wirklich Mehrwert schaffen und als Netzwerk erfolgreich sein können. Heute, zehn Jahre später, haben wir viel mehr erreicht, als wir ursprünglich erwartet haben. Und wir waren ehrgeizig als wir begannen!

Wir sind ein wirklich vielfältiges Netzwerk und sind dadurch gewachsen. Unsere Mitglieder, die in Asien, Afrika, Australien, Lateinamerika, Nordamerika und Europa tätig sind, stehen vor unterschiedlichen Herausforderungen, haben unterschiedliche Geschäftsmodelle übernommen und bedienen unterschiedliche Märkte. Die GABV bietet Senior Professionals einen Raum für unerwartete Inspiration und praktische Lösungen; Mikrofinanzbanken, die sich beispielsweise auf die soziale Integration in Schwellenländern konzentrieren, können europäischen Banken mit einer Ausrichtung auf Umweltfinanzierungen zugutekommen. Dieser Austausch ist der Kern des Erfolgs der GABV.

Ich denke, es ist richtig zu sagen, dass wir vor zehn Jahren die drängendsten Probleme der Welt, wie den Klimawandel, die soziale Ausgrenzung und wirtschaftliches Empowerment, getrennt betrachtet haben. Durch die GABV haben wir gelernt, dass sie viel stärker miteinander verbunden sind. Deshalb ist der Jahresgipfel der GABV in Vancouver so wichtig. Der Gipfel verbindet Fragen der Gleichheit, der Inklusion und des Klimawandels und sucht Lösungsansätze.

Ich bin auch stolz auf die Solidarität und den Austausch, den die GABV geleistet hat. Als Mitglied gibt das Netzwerk einem ein echtes Gefühl der Zugehörigkeit zu einer Bewegung, nicht nur zu einer Versammlung von Führungskräften.

Wie hat sich der Einfluss der GABV auf den Finanzsektor in den letzten zehn Jahren entwickelt?

Peter Blom: Wir haben unser Ziel erreicht, eine echte Bewegung für den Wandel zu werden. Es gibt natürlich immer noch viel mehr zu tun, aber wir sind auf der globalen Bühne viel relevanter geworden. Wir haben bewiesen, dass wertorientiertes Banking ein tragfähiges Geschäftsmodell ist. Wir sprechen auf internationalen Veranstaltungen – vom Europäischen Parlament bis zu den Jahrestagungen der Weltbank.

In jüngster Zeit haben wir die Entwicklung der UNEP FI Principles for Responsible Banking beeinflusst, die das Potenzial haben, die Arbeitsweise einiger der weltweit größten Banken zu verändern. Ohne den Einfluss der GABV und der Triodos Bank wären die Prinzipien viel schwächer ausgefallen.

Was sind die wichtigsten Herausforderungen für die Zukunft – für die GABV und die gesamte Branche?

Peter Blom: Die Herausforderung für die GABV und unsere Mitglieder besteht darin, so nah wie möglich an die Menschen heranzukommen, die an der Spitze des sozialen Wandels und Übergangs stehen, den wir wirklich brauchen.

Unsere Herausforderung besteht darin, die Menschen zu stärken; ein Instrument des Volkes zu sein, für die Menschen. Das ist schwer zu realisieren, aber dringlicher denn je. Denn als Banken können wir nur durch Menschen und ihre Initiativen effektiv sein.

Es stimmt, dass einige konventionelle Banken sich dem widersetzen könnten, was erforderlich ist, um sich in eine integrative, faire und dekarbonisierte Wirtschaft zu verwandeln. Diese Kräfte sind mächtig. Wir müssen also Wege finden, sie zu bekämpfen. Diese Wege müssen glaubwürdig und überzeugend sein. Sie müssen die Macht der Zivilgesellschaft zur Veränderung des Systems nutzen. Die Gesellschaft kann am Ende eine andere finanzielle Zukunft fordern. Wir müssen den Menschen die Werkzeuge und die Inspiration dafür an die Hand geben. Grundlage dafür muss eine einfacheres, überzeugendes Narrativ sein.

Was sind die zentralen strategischen Ziele der GABV in Zukunft?

Peter Blom: Ich glaube, wir müssen in der Debatte über verantwortungsvolles Banking noch relevanter werden. Unser Hauptaugenmerk sollte darauf gerichtet sein, als gewichtiger Faktor in der Veränderungsagenda des Finanzsystems relevanter zu sein. Dabei geht es nicht nur um den Ausbau des GABV-Netzes – obwohl wir erwarten, dass es weiterwachsen wird, wenn auch langsamer. Unser Fokus sollte mehr darauf gerichtet sein, der inspirierende Leader zu sein, als nur die Nische des nachhaltigen Bankgeschäfts auszubauen.

Wir sollten darauf hinarbeiten, zu zeigen und zu teilen, was im Bankensektor funktioniert und mutig sein, herauszufinden, was nicht funktioniert. Wir haben die Lizenz dazu, weil wir enger mit der Realwirtschaft verbunden sind als die meisten anderen. Und aus der Realwirtschaft werden die Antworten auf unsere größten Fragen herkommen.

Wir müssen weiter darauf aufbauen, eine Inspiration und praxisorientierte Gemeinschaft für andere zu sein. Wir wollen ein “Werkzeug für den Wandel” im weiteren Sinne werden. Das bedeutet aus meiner Sicht, sich als Netzwerk mehr zu öffnen und gemeinsam effektiver zu kommunizieren.