Ich glaube, ich bin ein emanzipierter Mann. Zumindest wurde ich so erzogen, Männer und Frauen als gleichberechtigt anzusehen. Als Jüngster unserer Familie und mit zwei älteren Schwestern lernte ich darum auch nähen und stricken. Und es war selbstverständlich,  dass ich meinen Anteil an der Hausarbeit leistete. Für mich war das alles "normal" – nicht zuletzt, weil auch mein Vater bei der Hausarbeit mithalf. Das hatte er wiederum von seinem Vater mitbekommen. Doch gerade weil ich so erzogen wurde, bin ich heute ein eher schlechter Feminist. Denn in meinem Handeln und in meinen Entscheidungen beurteile ich Menschen grundsätzlich nach ihren Eigenschaften – und nicht danach, ob sie Mann oder Frau sind.

Doch ich habe verstanden, dass das nicht reicht. Das große Problem bei der Gleichstellung der Geschlechter ist, dass man hier nicht seine eigenen Erfahrungen oder die eigene Erziehung zugrunde legen darf. Zudem weiß ich gar nicht, wie es sich anfühlt, aufgrund von Herkunft oder Geschlecht diskriminiert zu werden. Ich befinde mich also auf sehr dünnem Eis, wenn ich von Gleichstellung spreche.

Die Statistiken sind eindeutig

Die Statistiken sind hingegen eindeutig: Die Welt ist nicht gleich und auf einem Ohr noch immer taub. Frauen sind bis heute auf dem Arbeitsmarkt in vielerlei Hinsicht benachteiligt. Zudem sind sie in der Politik unterrepräsentiert. Und sie leisten nach wie vor den Löwenanteil der Hausarbeit. Bei uns in den Niederlanden ist Teilzeitarbeit bei Frauen weit verbreitet, was bedeutet, dass sie wirtschaftlich noch lange nicht so unabhängig sind wie wir uns das wünschen. Weltweit sind die Unterschiede noch größer. Enorme Lohnungerechtigkeit oder gar der Ausschluss aus dem öffentlichen Leben sind nur zwei Beispiele.  

Mal ganz davon abgesehen, dass die Gleichstellung der Geschlechter an sich völlig selbstverständlich sein sollte, würde sie die Welt tatsächlich nachhaltiger machen. Denn nicht das Einkommenswachstum verringert das Bevölkerungswachstum, sondern vor allem die Zunahme hoch gebildeter und selbständiger Frauen. Ebenfalls bemerkenswert sind Studien, die belegen, dass die Lösungssuche in Gruppen mit gleicher Anzahl von Frauen und Männern zu nachhaltigeren Ergebnissen führt. Hier zeigt sich zudem, dass Frauen eher langfristig orientiert sind und eine größere Abneigung gegen Ungleichheit haben. So ist es kaum verwunderlich, dass Länder mit einem höheren Frauenanteil in der Politik strengere Nachhaltigkeitsgesetze und geringere CO2-Emissionen haben. Und das nicht, weil Frauen von Natur aus "grüner" ticken, sondern weil sie Risiken anders einschätzen.

Eine feministische Einstellung birgt Risiken

Für mich kann es an dieser Stelle nur eine Schlussfolgerung geben: Es ist schön und gut, wenn ein Mann emanzipiert ist. Aber es reicht nicht. Männer müssen auch überzeugte Feministen sein, wenn die Menschheit ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen will.

Zum guten Schluss noch eine kleine Warnung: Eine feministische Einstellung birgt Risiken. Denn wer davon ausgeht, dass Männer und Frauen unterschiedlich sind, katapultiert sich unter Umständen selbst ins Aus. Aber sollten wir dieses Risiko nicht in Kauf nehmen, wenn es darum geht, die Welt zu retten?